Die Wandverkleidungen sind drinnen

 

Der Boden war drin. Eine feine Sache, das. Wir standen kurz da, klopften uns stolz auf die Schulter – und realisierten dann, dass wir nun wirklich nicht mehr drum herumkamen: Die Wandverkleidung war dran. Und mit ihr das große Drama um Fensterrahmen, Rollo-Kästen, Trocknungszeiten und die Frage aller Fragen: „Wie kriegt man eigentlich einen Türrahmen innen schön verkleidet?“

 

Die Mission war klar: glatte, nahtlose Wände, wie aus einem Guss. Wie in diesen schicken Wohnmobil-Ausbau-Videos auf YouTube, wo alles klickt, passt und man beim Zuschauen denkt: „Ach, das krieg ich auch hin.“ Spoiler: kriegt man nicht. Zumindest nicht ohne dreißig Anläufe, vier Kisten Schrauben und den leisen Wunsch, doch einfach Tapezierer zu werden.

 

(C) Ernst und Meike Wagner

 

Unsere Wände, charmant schief wie ein Altbau aus dem letzten Jahrhundert, hatten andere Pläne. Da, wo eigentlich zwei Verkleidungsplatten zueinanderfinden sollten wie Romeo und Julia, war eher so… Schröder und Schröderin, zwei, die nie ganz auf einer Linie waren. Mal war’s eine Erhebung hier, mal ein Spalt da – kurzum: Der Feinschliff mit dem Multitool wurde unser bester Freund.

 

Was wir vorher nicht so ganz auf dem Zettel hatten: Die Verkleidungen mussten nach dem Verkleben mindestens 24 Stunden angepresst werden. Mindestens. Heißt: Man werkelt sich einen ab, bringt alles an, schraubt, klebt, justiert – und darf das Ergebnis erst am nächsten Tag bestaunen. Das ist wie Überraschungsei in Zeitlupe. Zum Glück hat fast alles gepasst – und dass, obwohl wir manchmal zwischendrin nur noch mit Hoffnung und Klebeband gearbeitet haben.

 

(C) Ernst und Meike Wagner    (C) Ernst und Meike Wagner

 

 

Die erste Runde Fensterrahmen war… nennen wir es diplomatisch: ein mutiger Prototyp. Sah gut aus, passte aber leider nicht. Flacher als unsere Motivation am Montagmorgen. Also alles zurück auf Null, diesmal MIT Rollos beim Ausmessen (ja, manchmal lernt man auch dazu), Maß neu genommen, Rahmen neu gebaut, lackiert, angepasst – dieses Mal mit einem Ergebnis, das man auch wirklich einbauen konnte, ohne rot zu werden.

 

Die Herausforderung bestand dann darin, die Verkleidung so zurechtzusägen, dass sie millimetergenau um die Rahmen passte. Klingt einfach, ist es aber nicht, wenn man nur Augenmaß, eine Stichsäge und ein gesundes Maß an Selbstüberschätzung zur Verfügung hat. Immerhin: Die Schnittflächen verschwanden später unter den Rollos. Also, wenn man nicht ganz so genau hinschaut, denn eins was wir in Perfektion können ist pfuschen. Bitte einfach nie ganz genau hinschauen, danke.

 

(C) Ernst und Meike Wagner    (C) Ernst und Meike Wagner

 

An ein paar Stellen haben sich die Plattenstößen doch etwas zu sehr „lieb gehabt“. Da half nur eins: Umleimer! In der richtigen Farbe drübergebügelt – und zack, plötzlich sieht das aus wie Absicht. Das hält hoffentlich. Oder wir behaupten einfach, das sei ein Designelement. In „Skandinavisch-irregulärer-Industrieoptik“.

 

(C) Ernst und Meike Wagner

 

 

Und dann kamen sie: die Öffnungen. Türen und Klappen – kurz: alles, was irgendwie aufgehen muss. Die Idee war: einfach Streifen der Verkleidungsplatten zurechtsägen und innen schön drumrum biegen. Klingt charmant. Funktioniert nicht. Oder sagen wir’s so: funktioniert nur in der Theorie, im Traum oder in Werkstätten mit Lasermaschinen. Nach unzähligen Versuchen (und mindestens genauso vielen Schimpfworten auf Schwäbisch) haben wir kapituliert – und die sichtbaren Innenflächen einfach mit dunklem Dichtband ausgekleidet. Funktional, sauber, und hey – sieht gar nicht mal so schlecht aus! (Also jedenfalls besser als unsere krummen Biegeversuche.)

 

(C) Ernst und Meike Wagner

 

(C) Ernst und Meike Wagner    (C) Ernst und Meike Wagner

 

Ansonsten? Verbrauchszahlen wie beim Hausbau:

 

(C) Ernst und Meike Wagner

 

  • SIKA-Kleber: Literweise.
  • Selbstschneidende Schrauben: Dutzende nachgekauft.
  • Latexhandschuhe: Verbrauch hochgerechnet auf Krankenhausniveau.
  • Und unser Werkzeug-Dreamteam: Schieblehre, Maßband und der gute alte Zollstock. Der mittlerweile auch eine emotionale Bindung zu uns aufgebaut hat.

 

(C) Ernst und Meike Wagner

 

Nach vier Tagen Kriechen, Fluchen, Kleben, Schrauben und Trocknen war es geschafft: Der Koffer hat jetzt endlich ein Innenleben, das sich sehen lassen kann. Schaut man nur lange genug hin, sieht man sogar, wie viel Liebe (und Kleber) in jeder einzelnen Ritze und Ecke steckt. Und wer genau hinhört, hört aus den Wänden ein leises Flüstern: „Lasst uns bitte nie wieder abbauen.“